Elisabeth Langgässer wurde 1899 in Alzey geboren und war eine deutsche, christlich bis mystisch orientierte Schriftstellerin. Sie arbeitete nach dem Ersten Weltkrieg unter anderem als Volksschullehrerin und war und war ab Ostern 1920 Lehrerin und Schulverwalterin der Volksschule zu Klein-Steinheim am Main (heutige Theodor-Heuss-Grundschule). In dieser Zeit wohnte Sie gegenüber dem alten Friedhof an St. Nikolaus im Haus eines Zigarrenfabrikanten. Elisabeth Langgässer war eine für die Zeit ihres Wirkens aufgeschlossene und moderne Pädagogin. So wusste der ehemalige Schüler Martin Adam im Jahr 1987 (Bericht im Hanauer Anzeiger vom 23.02.1999) von der Vorstellung Langgässers in seiner Schule zu berichten: „Das neue Schuljahr hatte begonnen. Herr Reuß, der Rektor, ließ uns vor dem Lehrerkollegium aufmarschieren. Da entdeckte ich ein neues Gesicht: eine junge Lehrerin. Sie trug ihr dunkles Haar locker aufgesteckt, nicht im steifen, festen Knoten, wie die anderen Damen, und sie lächelte. ,Ihr seid fleißig und brav und deshalb dürft ihr im neuen Schuljahr französisch lernen. Eure Lehrerin ist das Fräulein Langgässer.‘ Der Unterricht mit unserem Fräulein war oft sehr lustig. Als es einmal regnete, tänzelte sie mit einem aufgespannten Regenschirm herein und zwitscherte ,Das ist mein paraplui, paraplui‘. Wir sangen auch jede Stunde, und viele französische Lieder habe ich bis heute behalten. Mein Vater beobachtete sie hin und wieder abends, wenn er fischte. Sie saß dann am Main, schaute über das Wasser, las oder schrieb. Wir hatten keine Ahnung, dass damals bereits Gedichte entstanden.“
So bezieht sich Langgässer im Februar 1921 in der Zeitschrift „Das heilige Feuer“ in einem ihrer Gedichte an das Grabmal des Steinheimer Amtmannes Diether von Erlenbach und dessen Gemahlin Anna von Reiffenberg in der Gedächtniskirche.
Noch im Jahr 1920 tritt Elisabeth Langgässer eine neue Stelle in Griesheim an. Eventuell war ihr Stil den Steinheimern damals zu offen und modern oder sie suchte einfach die Nähe zu ihrer Mutter.
Elisabeth Langgässer in jungen Jahren
Bild: privat
Elisabeth Langgässer vor der Volksschule Klein-Steinheim mit Schüler*innen des Jahrgangs 1909/10.
Bild: M.M. Archiv/J. Hollederer/Heimat- und Geschichtsverein Steinheim am Main e.V.
Langgässer beschäftigte sich in ihrem avantgardistischen Frühwerk intensiv mit dem Konflikt eines satanisch-triebhaften Lebens und dem Göttlichen. Sie war vor allem bekannt für ihre Lyrik, ihre Kurzgeschichten und Erzählungen und gilt mit ihrem Spätwerk als eine typische Vertreterin der Nachkriegsliteratur. Besonders prägend für das Leben der Schriftstellerin war die Zeit des Nationalsozialismus. Sollte sie nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten 1933 noch Adolf Hitler wählen, wurde sie schon zwei Jahre später als Halbjüdin eingestuft, woraufhin ihr Ehemann Wilhelm Hoffmann seine Stellung als Redakteur verlieren sollte. Langgässer selbst wurde ein Jahr später aus der Reichsschrifttumskammer ausgeschlossen und bekam ein Publikationsverbot auferlegt, an welches sie sich aber nicht hielt. Kurz darauf begann sie heimlich die Arbeit an Das unauslöschliche Siegel, ihrem heute bekanntesten Werk.
Während des Zweiten Weltkriegs musste die Autorin in einer Munitionsfabrik Zwangsarbeit leisten und erkrankte an Multipler Sklerose. Nach dem Krieg schrieb sie als Verfolgte des NS-Regimes in einem den Holocaust thematisierenden Pessimismus oder, je nach Lesart, auch Realismus. Dabei gilt sie als eine starke Kritikerin der Schriftsteller*innen der sogenannten Inneren Emigration, welche ihrer Meinung nach nicht ausreichend Position gegen den Nationalsozialismus bezogen.
In ihrem Todesjahr 1950 wurde ihr postum der Georg-Büchner-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung verliehen, die sie im Jahr zuvor (zusammen mit 48 anderen Schriftstellerinnen und Schriftstellern, darunter auch Adolf Grimme und Erich Kästner) mitbegründet hatte. Zudem wurde sie in die Mainzer Akademie der Wissenschaften und der Literatur aufgenommen.
Leihgeber
- privat