Betonstrassen für Kuba und das 4-Tage-Schiff

  • Porträt von Henry John Kaiser, 1963; Fotograf: David Iwerks;
    Bild: National Portrait Gallery, Smithsonian Institute; Reproduktion

Im Zuge der Auswanderungswelle nach Amerika wagten viele Steinheimer*innen die lange Überfahrt in eine neue, ungewisse Zukunft. Unter Ihnen befand sich 1871 auch der Großsteinheimer Schuhmacher Franz Kaiser (1842–1929).

Nach Abfahrt mit der Cimbria aus Hamburg und einer Schiffsreise auf deren Zwischendeck, zog es ihn nach seiner Ankunft in Havre nach Canajoharie im Bundestaat New York, wo er bei der Bauernfamilie Jobst unterkommen konnte. Jobsts waren ebenfalls zuvor aus Steinheim ausgewandert und hatten sich in einer Gegend niedergelassen, die hauptsächlich von deutschen Migranten besiedelt gewesen ist. Kaiser heiratete später Mary Jobst und zog mit ihr nach Sprout Brook, NY, wo er den Beruf des Schusters ausübte. Aus der Ehe gingen drei Töchter und Sohn Heinrich (1882– 1967) hervor, welcher sich später Henry John nannte.

Henry John Kaiser sollte der berühmteste Nachkomme eines Steinheimer Auswanderers werden. Er arbeitete zunächst als Kassierer in einem Geschäft für Damenoberbekleidung in Utica, später in einigen Fotostudios. Bereits nach kurzer Zeit sollte er fünf eigene Studios eröffnen. Im Jahr 1914, nach ein paar Jahren als Verkäufer für Industrie und Handwerk, gründete der vielseitig interessierte Kaiser das Straßenbauunternehmen Henry J. Kaiser Company Ltd. in Kanada. Unter anderem baute er mit seiner Firma die ersten betonierten Straßen in Kuba. Nach Umsiedlung in die Stadt Oakland bekam das Unternehmen in einem Konsortium den Bauauftrag für den Hoover-Damm am Colorado, diverse Pipelines, Tunnel- und Brückenbauten und u.a. die Gründungen der Bay Bridge in San Francisco. Durch Pünktlichkeit, Gründlichkeit und Verlässlichkeit bei seinen Aufträgen konnte Kaiser zu einem Großunternehmer von gutem Ruf aufsteigen und übernahm in vielerlei Hinsicht eine Führungsposition.

Der 1949 Kaiser Deluxe

Bild: Kelsey Wright

Liberty-Schiffe bei ihrer Montage in einer Kaiser-Werft, 1942

Bild: National Museum of the U.S. Navy

In der Zeit des Zweiten Weltkriegs fand Henry Kaiser einen Weg, jeden Monat ein Frachtschiff zu bauen. Weltberühmt wurde er, als er es schaffte, in nur vier Tagen das Schiff Robert E. Peary fertig zu stellen. Die einfach konstruierten und seriell hergestellten Frachtschiffe der Liberty-Klasse, von welchen die Kaiser-Werften alleine 1.490 Schiffe bauten, waren aufgrund der zunächst sehr erfolgreichen deutschen U-Boot-Angriffe auf Frachtschiffe, von immenser Bedeutung für die Versorgung der Alliierten über den Seeweg. Damit machte sich Kaiser einen Namen als amerikanischer Patriot, wenn er wohl hauptsächlich aus monetären Gründen gehandelt haben wird.

Mit neuen finanziellen Mitteln stieg Kaiser nach dem Krieg in die Automobilproduktion ein, indem er Kaiser Motors gründete und Willys-Overland („Jeep“) kaufte. Auch engagierte er sich in der Aluminium- und Stahlindustrie und gründete eine frühe Form der Krankenversicherung. In seinen späten Jahren als Unternehmer betätigte sich Kaiser in der Stadtplanung und dem Bau von Hotels, Schulen, Krankenhäusern und Bergbauzentren.

Henry John Kaiser gilt heute als signifikante Persönlichkeit für die Entwicklung der Region San Francisco Bay und der gesamten Westküste der USA. Durch seine schnelle Umsetzung von großen Ideen in erfolgreiches Unternehmertum und Wohlstand im freien amerikanischen Westen galt und gilt er als Symbol des American Dream mit allen damit verbundenen Versprechungen und Hoffnungen.

 

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