Gefangen im Schulkeller

  • Schulbuch der Evangelischen Schule Groß-Steinheim, 1881–1902
  • Schieferplatte mit Nagel von der alten Dachdeckung der heutigen Theodor-Heuss-Schule,
    bis 20. Jahrhundert

Nachdem sich 1335 zehn jüdische Haushalte in der Stadt ansiedelten, gab es schon bald ein jüdisches Schulhaus in der heutigen Harmoniestraße. In Groß-Steinheim wird ein katholischer Lehrer erstmals um 1479 in einer Urkunde erwähnt, eine Schule könnte hier also schon einige Jahre bestanden haben. In jedem Fall aber gab es schon zur Amtszeit des Pfarrers Indagine (1488–1537) einen Lehrer, wie aus dessen Aufzeichnungen hervorgeht. 1518 wurde Johann Geiß aus Büdingen als Schulmeyster verpflichtet. Im Jahr 1576, laut Salbuch des Kellers Jordan, erteilte ein Pfarrer den Kindern Religionsunterricht. Andere Lehrer unterrichteten ebenso in diesem Jahr und mussten zudem auch dem Küsterdienst nachkommen. Als 1699 in Klein-Steinheim ein Lehrer eingestellt wurde, protestierte der erste Lehrer aus Groß-Steinheim (Rektor genannt), da er sich ängstigte, deswegen auf Gehalt verzichten zu müssen.

Um 1770 befand sich die Groß-Steinheimer Schule mit 112 Schülern im Kaplaneihaus nahe dem Pfarrhaus. Der erste namentlich bekannte Lehrer in Klein-Steinheim war wohl Johannes Huth im Jahre 1756. Dieser war ebenso noch Schuhmacher, Strumpfweber und Glöckner, da Lehrer allein von ihrer schulischen Anstellung kaum leben konnten. Das Schulgeld betrug pro Kind 30 Kreuzer pro Jahr, bei Einführung der Sommerschule (bis dahin gab es nur winterlichen Schulbetrieb) 40 Kreuzer und später dann 2 Gulden. Das älteste Schulgebäude war ein kleines Häuschen mit Lehrerwohnung und Stall in der Nähe der heutigen Theodor-Heuss-Schule. 1809 zog die Schule in ein Wohnhaus mit Hof in der Ludwigstraße. Ein zweites Schulhaus folgte 1850, ganz in der Nähe des bisherigen. 26 Jahre später kaufte die Gemeinde das Anwesen des Freiherrn von Weitershausen und errichtete dort ein großes Schulhaus, welches nach und nach ausgebaut wurde.

Klein-Steinheimer Schulklasse, frühe 1960er-Jahre

Bild: privat

Jahrgang 1921 in Klein-Steinheim

Bild: aus Sammlung Dr. med. Otto Kunkel

1846 gab es in Groß-Steinheim zwei getrennte Lehrorte. Im alten Schulhaus am Marktplatz wurde unterrichtet, ebenso eine Mädchenklasse im großen Rathaussaal. Später mietete man aus Platznot den Saal in der Wirtschaft Zum Gambrinus. 1865 wurde eine Handwerkerschule in einem Rathaussaal gegründet. Etwa 20 Jahre später wurde in Groß-Steinheim die Elementarklasse im Sälchen bei Grünzfelder, die Mittelklasse im Gambrinus und danach im Schloss unterrichtet, die Knabenklasse in der alten Schule und die obere Mädchenklasse im Rathaus (Altes Rathaus in der Altstadt). Zudem gab es eine Fortbildungs- und Abendschule. Der Platz war nachweislich sehr knapp und es wurde 1892 ein neues, großes Schulhaus (seit 1962 Geschwister-Scholl-Schule) an der Landstraße gebaut. Sieben Jahre später wurde angebaut, da die Schüler der 1858 gegründeten evangelischen Schule aus dem Schloss hinzukamen.

Aktuell wird die Schule an der Darmstädter Straße erneut ausgebaut und hat eine in Hessen wahrscheinlich einzigartige Besonderheit: drei Arrest-Zellen im Keller. Diese sind allerdings nicht für besonders unartige Groß-Steinheimer Schüler gedacht, sondern stammen aus dem Ersten Weltkrieg. Die Zellen wurden aber hauptsächlich zur Ausnüchterung genutzt und weniger für längere Inhaftierungen.

Heute gibt es in Steinheim nach wie vor die beiden gut besuchten Grundschulen, dazu mit der Eppsteinschule eine Haupt- und Realschule, die August-Bebel-Schule als gestalterisch-technische Berufsschule, eine Rettungsdienstschule und die Adolf-Schwab-Musikschule, übergegangen in das Haus der Musik e.V.

 

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